


Heidelberger Dreiblattzitrone .geist 42%vol
Empfinden
Schon beim Öffnen der Flasche breitet sich eine unvergleichliche Ahnung aus – völlig vertraut und gleichzeitig radikal fremd. Die Heidelberger Dreiblattzitrone, auch Bitterorange oder Bitterzitrone genannt, eröffnet einen Geschmack, der vollkommen eigenständig, unerwartet und beinahe surreal erscheint. Der erste Duft erinnert entfernt an eine Kindheitserinnerung: verkochte Erdbeermarmelade, warm und süßlich-herb, rotsamtig und tiefgründig. Am Gaumen entfaltet sich ein Spiel aus warmen roten Früchten, eingehüllt in eine weiche, beinahe ölige Textur, die sich wie flüssiger Samt über die Zunge legt. Das Aroma trägt keinerlei Zitrus-Kühle, sondern entfaltet sich warm, umhüllend, nahezu meditativ. Eine milde, leicht dunkle Süße verbindet sich mit sanftem Bitter, das niemals störend wirkt, sondern wie selbstverständlich dazugehört und eine tiefe, lange Präsenz hinterlässt. Dies ist kein Zitrusbrand, der die Sinne belebt oder kühlt – vielmehr eine warm pulsierende Empfindung, etwas völlig Eigenes, das die Zunge nachhaltig, überraschend und unnachahmlich erfasst. Man erlebt hier eine Frucht, die in ihrer Eigenständigkeit einen eigenen sensorischen Kosmos eröffnet, einen einzigartigen Moment spontanen Staunens schenkt – purer Genuss, jenseits aller Erwartungen und Vergleiche.
Erfahren
Ursprünglich stammt die Dreiblattzitrone aus dem fernen Japan, doch meine Früchte gedeihen hier, nah und wunderbar eigenwillig, in einem Garten nahe Heidelberg. Eine herzliche Familie hat diesen außergewöhnlichen Baum liebevoll gepflegt und lässt mich großzügig daran teilhaben. Das Ernten ist jedes Jahr ein kleines Abenteuer, das Hingabe und Mut verlangt. Der Sohn der Familie wagt sich furchtlos mitten hinein in die wilde, dornige Krone – denn der Baum ist dicht verzweigt, übersät mit langen, spitzen Dornen, und dennoch prachtvoll hoch gewachsen. Die Ausbeute ist jedes Mal außergewöhnlich reichhaltig, ein Geschenk der Natur, das jedes Jahr neu begeistert und erstaunt.
Die Verarbeitung der Früchte ist anspruchsvoll, beinahe martialisch: Nur die äußerste Schale wird sorgfältig abgerieben – eine mühselige Prozedur, denn das Innere der Frucht ist extrem bitter und nicht verwendbar. Die Microplane-Reiben verschleißen in kürzester Zeit unter dem harzigen, klebrigen Saft und den fest haftenden Flaumfasern der Schalen. Der Aufwand ist enorm, jede Frucht fordert Geduld und Kraft. Doch die Mühe lohnt sich, denn was danach destilliert wird, ist von unvergleichlicher Aromatik und Intensität. Weltweit lässt sich nichts Vergleichbares finden, weder in der Literatur, noch in sensorischen Beschreibungen anderer Destillate. Diese Frucht schenkt ein Unikat – unverfälscht, einzigartig, in Geschmack und Charakter so eigen, dass es kaum glaubhaft scheint. Das Destillat erzählt vom Ort seiner Herkunft, von der liebevollen Arbeit und der Großzügigkeit der Menschen, die ihn hegen und pflegen, und die jedes Jahr aufs Neue voller Freude ihren Schatz mit mir teilen.
Erleben
Dieser Brand entfaltet seine ganze Tiefe, wenn man ihn bewusst und mit Zeit genießt – idealerweise pur und ohne Ablenkung. Nach einem guten Essen, vielleicht an einem kühlen Herbstabend, wenn die Tage kürzer und die Stunden länger werden, schenkt er Wärme und Behaglichkeit. Keine Kühlung, kein Eis, einfach Raumtemperatur und ein schlichtes Glas, um das Destillat in seiner ganzen aromatischen Wärme wirken zu lassen.
Kulinarisch harmoniert er überraschend gut mit kräftigen, gereiften Käsesorten, etwa einem salzigen Manchego oder einem würzigen Comté, oder aber mit gerösteten Nüssen und dunkler, bittersüßer Schokolade. Auch ein schlichtes Buttergebäck, vielleicht mit einem Hauch von Rosmarin oder Salz, unterstreicht die warme, erdbeerfruchtige Note wunderbar.
Beim Genuss kommen fast unweigerlich Erinnerungen an sommerliche Nachmittage auf, an die Küche von Großmüttern, in denen Marmeladen stundenlang eingekocht wurden – der Duft warmer Früchte, süß und herb zugleich, durchzieht den Raum. Dies ist kein Brand für flüchtige Momente, sondern für lange Gespräche, für ruhige Stunden, vielleicht vor einem knisternden Kaminfeuer, in denen das Glas immer wieder neu überrascht und doch sanft vertraut wird.
Ein Destillat, das nicht einfach konsumiert, sondern entdeckt und erlebt werden möchte – eine seltene Gelegenheit, etwas wahrhaft Einzigartiges zu genießen.
Aromenbibliothèque No. 837
Trinkstärke: 42%vol
Reifepotenzial: 1-5 Jahre
Herstellung: .geist
Botanischer Name: Poncirus trifoliata
Filtration: unfiltriert
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